Noch keine Liebe für den Wolf
Als Okami 2007 auf der Playstation 2 veröffentlicht wurde, weckte es zwar mein Interesse, wurde aber im Laufe der Zeit im Kleinhirn geparkt. Da ich die PS2 nicht zu Release gekauft habe, sondern erst ein paar Jahre später, überkamen mich Titel wie Shadow of the Colossus, God of War oder Grand Theft Auto. Es gab einfach zuviel was ich spielen wollte und Okami rutschte immer weiter nach unten. Im Jahr 2020 merkte ich dann, nachdem ich dieses Kunstwerk gespielt habe, dass dies ein Fehler war. Der Gott der Videospiele hatte aber ein Einsehen mit mir und gab mir einen Anstoß es jetzt endlich nachzuholen. Der Stein des Anstoßes war in diesem Fall ein Gewinnspiel der lieben Sandra auf Instagram. Da meine Gewinnchancen in der Vergangenheit bei solchen Spielen gerne nach unten zeigten, machte ich mir keine große Hoffnung Okami – HD Remaster für die Playstation 4 auch zu gewinnen. 2017 wurden Spieler nämlich mit einer Neuauflage belohnt und in diesem qualitativ hochwertigen Fall auch lohnenswert. Da kommen Menschen die keine Playstation 2 mehr besitzen, die keine 60GB Variante der PS3 im Schrank stehen haben, oder Rüpel wie ich die solche Spiele sträflich vernachlässigt haben in den Genuss diesen Titel nachzuholen. Über den Sinn oder Unsinn solcher Neuauflagen streiten sich bekanntlich die Geister. Weder lehne ich sie ab, noch bin ich ein großer Freund davon. Es kommt immer auf den Inhalt an und ob es mir persönlich Wert ist das entsprechende Spiel auch nachzuholen. Im Laufe der Jahre hat es einige Titel gegeben, bei denen es Sinn gemacht hat, oder aber auch die bei denen zu wenig Liebe und eher der Drang nach gedruckten Scheinen im Vordergrund stand.
Gewinnspiele können süchtig machen
Als Sandra mich dann anschrieb, dass ich das Spiel gewonnen habe und ihr meine Kontaktdaten zukommen lassen sollte, war meine Freude groß. Endlich hatte ich das Glück auch auf meiner Seite. Als das Spiel hier eintraf, zusammen mit einer von ihr schön geschriebenen Karte und ein paar Kalorienhaltigen Leckerlies, war die Freude noch größer. So groß, dass es dann in der Vitrine mit den PS4 Spielen gelandet ist. Aber das Versprechen es noch in diesem Jahr zu spielen machte ich mir selber. Ich hatte nur gerade andere heiße Kohlen im Feuer, auch wenn die Wölfin auf dem Cover nahezu sagte: Gnade dir Gott das dauert wieder so lange mit uns!
Ja, Hunde die bellen beißen nicht. Manchmal sollten sie aber wie Pferde austreten können. Als mein Moment der Erleuchtung endlich gekommen und das Spiel installiert war, konnte ich mich bei der Bildschirmeinstellung zwischen 4:3 und 16:9 4K entscheiden. In meiner Retroabteilung wäre das an der PS2 wohl keine Frage gewesen, zumal dort generell nur an einem Röhren-TV gezockt wird. Wer würde auch seine PS4 abbauen und an die Röhre anschließen? Ok auch schon gesehen, aber dann auch eher zum Spaß.
Dann erlebe ich dieses Highlight so wie es sich gehört in seiner bestmöglichen Auflösung. Die von euch die das Original besitzen können aber auch getrost darauf zurückgreifen. Die Grafik im Cel-Shading Look ist nämlich bestens gealtert. Wer oder was ist Cel-Shading? Cel-Shading ist eine nicht- fotorealistische 3D-Grafik die im Stil eines Comics oder Zeichentrickfilms erstellt wird. Auf Deutsch bedeutet es soviel, als wenn es Kind auf dem Blatt Papier mit seinen Wachsmalstiften ausgerutscht ist. Andere Beispiele für Spiele in der Kategorie sehr gut sind z. B. die Borderlands oder Viewtiful Joe Serie.
Spiele in diesem Look altern optisch oft besser als ihre frühen „3D-Konkurrenten“. Das ist aber natürlich wie immer Geschmackssache. Ich habe auch schon Leute gehört die mit dieser Art von Grafik nichts anfangen können. Diese können Okami in diesem Fall ebenfalls ins Ausschusskriterium nehmen. Alle anderen dürfen sich auf ein aufregendes Abenteuer mit Amaterasu stürzen, die auf den Pfaden der legendären Sonnengöttin Shiranui wandelt.
Das Böse bricht aus
Shiranui ist ein weißer Wolf, der die Menschen in Nippon vor allem Bösen beschützen soll. Im Kampf gegen den Lindwurm Orochi lässt sie jedoch ihr Leben, kann aber mit dem großen Krieger Nagi und einem Schwert das Tor zur Unterwelt versiegeln. Das Böse findet so keinen Weg mehr hinaus. Nagi bringt den Leichnam in sein Heimatdorf Kamiki zurück und erzählt den Menschen dort was sie für sie getan hat. Als Zeichen des Dankes und der Anerkennung wird ein Denkmal für sie errichtet. 100 Jahre später wird das Schwert gestohlen und Orochi und das Böse freigelassen. Sakuja die Beschützerin Nippons schleppt sich mit ihrer letzten Kraft zum Denkmal von Shiranui. Sie gibt der Statuette das göttliche Instrument heilige Vergeltung und beschwört so Okami Amaterasu. Nur Amaterasu kann Nippon jetzt noch retten.
Aus dem doch recht heiligen Dekollete` von Sakuja tritt plötzlich ein kleines, wenn auch recht vorlautes Wesen zum Vorschein. Issun wirkt auf den Betrachter wie ein kleiner Junge, ist winzig klein und alles andere als kindlich. Vor allem, wenn man seine oft recht deutliche Art und dem Frauenbild zudringliche Weise kennenlernt. Nach einem kleinen Disput schließt es sich Amaterasu an und verspricht ihr und Sakuja zu helfen. Issun ist nicht nur euer kommunikationstüchtiger Begleiter, sondern steht euch auch mit Rat und in ein paar Abschnitten mit Tat zur Seite. Nie um einen (guten) Witz oder derben Spruch verlegen. Tut euch nur einen Gefallen und schaltet die „Sprachaugabe“ ab oder auf ein Minimum herunter. Dieses wirklich anstrengende Gemurmel das mit durchklickbaren Textboxen daher kommt, erinnert stark an Banjo & Kazooie.
Schon die Anfänge machen eins klar, die Steuerung ist gut abgestimmt und durchdacht. Bis auf die manchmal recht zickige Kamera wirkt hier alles aus einem Guss. Nippons Welt hat einiges von seiner Größe und Erhabenheit zu bieten. Weitläufige Steppen, tiefe Wälder und so einige Dungeons wechseln sich hier munter ab.
Das Highlight ist das Kampfsystem
Das persönliche Highlight des Spiels ist aber für mich eindeutig das großartige Kampfsystem, denn etwas in dieser Art habe ich noch nie gespielt. Und nach all den Jahren, die ich Videospiele schon genieße und dachte so ziemlich alles gesehen zu haben, kommt dieses überaus frische Kampfsystem von 2007 daher. Es wirkt halt einfach nicht angestaubt und begeistert zusehens mit steigender Spielzeit immer mehr. Amaterasu kann in seinen Kämpfen neben beißen und kratzen, im weiteren Spielverlauf auch Schwerter und Spiegel zum Nahkampf nutzen, als auch Perlen die wie eine Schusswaffe zu gebrauchen sind. In Kombination merkt man hier das Hideki Kamija daran geschraubt hat, der Mann der schon für Kampfsysteme wie Devil May Cry oder Bayonetta verantwortlich war. Doch anstatt auf bloße Combobreaker zu vertrauen, hat Herr Kamija die Pinseltechnik als Waffe eingeführt. Das gibt dem Spiel nicht nur eine gewisse Tiefe in seinen Kämpfen, sondern auch Taktik. Schon damals konnte ich mir unter diesem Kampfsystem nichts vorstellen und habe mich Jahre später darauf eingelassen. Mit ein bisschen Geschick und Übung geht das Ganze dann auch leicht von der Hand. Packt ihr in den Kämpfen den Pinsel aus, dann stoppt das Bild und ihr müsst überlegen welchen Zug ihr gegen den Gegner anwendet. Da kommt bis zum Ende hin mit 13 Techniken so einiges auf euch zu. Angelehnt an chinesische Tierzeichen, kämpft und puzzelt ihr euch voran. Auch der Aspekt des Levelns wurde hier nicht außer Acht gelassen, denn neben Energie oder dem Aufwerten der Waffen solltet ihr auch in Tinte investieren. Je mehr Tinte in eurem Fass gefüllt ist, desto mehr könnt ihr z. B. an Angriffen in Folge zeichnen. Gerade im späteren Verlauf zeigt sich, warum man diese Technik bzw. das leveln der Tinte nicht vernachlässigen sollte. Zeichnet Bomben die explodieren, zeichnet Wind, der die Gegner taumeln lässt, zeichnet Feuer oder lasst Gegner mithilfe von Blitzen aus dem Himmel um sie zu elektrifizieren. Springt der Feind auf eine Taktik nicht an, dann probiert euch ein wenig durch. Das fordert nicht nur die grauen Gehirnzellen, sondern auch etwas an Überlegung bei der Zeichenkunst. Keine Angst ihr müsst in der Schule keine 1 im Kunstunterricht gehabt haben um an Okami und dessen Kampfsystem seine Freude zu haben. Ihr werdet auch recht schnell merken, dass der Pinsel oft mächtiger als das Schwert sein kann. Mich konnte die Kombination aus beidem begeistern. In Sachen Gegner Design wurde man hier von japanischer Folklore inspiriert und hat neben den immer mal wieder aufkommenden Standard Gegnern auch die, die mit der gewissen Taktik zu besiegen sind. Versprüht der Gegner Eis, macht ihm mit Feuer zu schaffen, greift er mit Feuer an, dann pustet es ihm mit Sturm aus. Die Kombinationsweisen sind hier wirklich mannigfaltig. Gelegentlich hatte ich aber das Problem, das meine Zeichnungen vom Spiel nicht richtig erkannt wurden, obwohl ich mir sicher war richtig gezeichnet zu haben. Der Frustfaktor spielte sich hier aber in eher engen Gefilden ab.
Aber man hat seine Pinseltechniken nicht nur um zu kämpfen, sondern auch der Flora und Fauna neues Leben zu geben, oder auch um einige Rätsel zu lösen. In den meisten Fällen funktionierte das auch recht problemlos.
Bringt die Flora und Fauna zurück ins Land
Das Land das vom Bösen umgeben wurde, wirkt nämlich düster und uneinladend zugleich. Lasst mit Pinseltechniken Blumen blühen und Gras wachsen, oder die Bäume neu ergrünen. Die Kirschblüten neu erstrahlen zu lassen hat mir jedes Mal ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Zudem freuen sich auch die Tiere darüber und wenn ihr noch Leckerchen in Form von Fleisch, Fisch oder Samen für die vielfältigen Arten dabei habt, dann schenken sie euch Punkte, die ihr zum leveln euer Techniken nutzen könnt. Die Brücke ist eingestürzt der euren Weg weiter führen würde? Dann zeichnet sie doch einfach neu um sie überqueren zu können. Lasst Wasser von einem kleinen Springbrunnen zu einer Fontäne werden und ihr könnt sie als Plattform nutzen. Ebenso werden eure Techniken bei Bossen auf die Probe gestellt und das nicht nur im Angriff. Generell ist Okami kein überforderndes Spiel, denn es lädt auch dazu ein in der Welt zu verweilen, sie zu erkunden und zu geniessen. Gelegentliche Minispiele die auf Zeit gehen haben mir aber den Nerv geraubt. Dort müsst ihr bestimmte Personen durch ein Labyrinth bringen, die richtigen Pinseltechniken anwenden und dürft weder selber noch die zu eskortierende Person getroffen werden. Das kostet euch dann jedes Mal wertvolle Zeit, die ohnehin schon rar gesät ist. Dort haben sich dann auch gerne die vom Spiel nicht erkannten Techniken dazu gesellt, sodass ich einige Passagen mehrmals von vorn wiederholen musste. Zudem sind sie nicht immer optional, sondern müssen bestanden werden, um in der Story weiterzukommen.
Viel Spiel fürs Geld
Neben diesem Kritikpunkt findet sich bei mir nur noch die nicht immer optimale Kamera und die erwähnten nicht immer richtig erkannten Pinseltechniken wieder.
Ich hatte auch gelesen das Okami rund 25–30 Std. dauert. Bei meinem ersten Durchgang konnte ich das nicht bestätigen. Ganz im Gegenteil, denn ich konnte die Spielzeit nochmal obendrauf packen und bin bei etwas über 60 Std. gelandet. Das ist überaus viel Value for Money wenn man bedenkt, dass Okami in der Retail-Version für die PS4 gerade mal 15-20 € kostet.
Da Pinseltechniken sich auch gut mit Bewegungssteuerung spielen lassen, kann man Okami beispielsweise auf der PS3 mit Move, auf der Wii mit Nunchucks oder auf der Switch mit den Joy-Cons erleben. Ich habe es klassisch am Pad gespielt und fand es sehr gut umgesetzt. Immerhin hatte es am PS2 Controller seinen Ursprung.
Die Story bietet euch auch einige Wendungen und vor allem viel Witz und Charme. Alles wohl dosiert und im richtigen Moment eingesetzt. Und selbst der atmosphärische Düsterfaktor, sowie eine gewissende Erhabenheit sind mit verpackt. Ein schweres Spiel ist Okami nicht, weder in seinen Kämpfen gegen die Standart Gegner in den einzelnen Abschnitten, noch bei den wie ich finde doch recht wenigen aber doch tollen Bosskämpfen. Hier liegt es in der Natur der Sache die Welt und Dungeons zu erkunden und gegebenenfalls mit neu erlernten Fähigkeiten zurückzukehren. Mit versteckten Items und Kisten geizt das Spiel wahrlich nicht. Doch gerade gegen Ende gibt es einige Geschicklichkeitsprüfungen, die euch euren Skill abverlangen werden.
Es geizt auch nicht bei der über große Strecken fantastischen Musik. Gerade den Song beim letzten Boss und den im Abspann möchte ich hier lobend erwähnen. Das Okami in der ganzen Videospiele-Welt nur Höchstwertungen bekommen hat verwundert mich nicht.
Abschließen möchte ich diesen Artikel mit einem Zitat, das ich im Internet gelesen habe: Okami ist das beste Zelda-Spiel, was nicht von Nintendo stammt.
Ich sage: Danke Capcom für diese wunderschöne Reise ins Tusche getränkte Japan.
Voll Verpixelt ist Retro Spieler aus Leidenschaft mit dem Hang zum Kuriosen und Ungewöhnlichen, Castlevania Fan und Dark Souls Überlebender. In seinen Beiträgen präsentiert er alte Dinge in neuem Licht und erklärt Hintergründe und Geschichten.
Die Hutzentrale:
-►Homepage: http://ahatofmedia.de/
Oder Besucht uns auf:
-►Twitch: https://www.twitch.tv/ahatofmedia
-►YouTube: https://www.youtube.com/channel/UC0qU1jdHeY2zWh97QzVGu4A
-►Facebook: https://www.facebook.com/ahatofmedia/
-►Twitter: https://twitter.com/a_hatof
Oder joined unseren Discord:
-►Discord: https://discord.gg/bFBfhRK
Hutkasse für Hutreiniger und Kaffee:
-►Support: https://streamelements.com/ahatofmedia/tip
Hier gibt es mehr Sir Pommes:
-►YouTube: https://www.youtube.com/user/sirpommes87
-►Facebook: https://www.facebook.com/profile.php?id=100008226859110
-►Twitter: https://twitter.com/sir_pommes
Hier gibt es mehr Dengeki Gamer:
-►YouTube: https://www.youtube.com/user/DengekiGamer
-►Facebook: https://www.facebook.com/DengekiGamer/
-►Twitter: https://twitter.com/dengekigamer?
-►Instagram: https://www.instagram.com/dengekigamer/
Hier gibt es mehr Voll Verpixelt:
-►Facebook: https://www.facebook.com/Voll-verpixelt-1391650974211749/
-►Twitter: https://twitter.com/voll_verpixelt
-►Instagram: https://www.instagram.com/voll.verpixelt/