Cyberpunk 2077, ein Desaster in 4 Akten.

Das war wohl nichts.

Sony hat Cyberpunk 2077 aus dem PlayStation Store genommen und allen Spielern der digitalen Version eine volle Rückerstattung Ihres Kaufpreises angeboten. Der bisherige Tiefpunkt für ein lang erwartetes Spiel das einfach zu gut war um wahr zu sein.
Von einem gottgleichen Stück Software, gegossen in Bits und Bytes und von Millionen von Spielern weltweit angespannt erwartet, zu einem der wohl großen Flops des Jahres innerhalb einer Woche. Also, zumindest PR technisch, denn finanziell hat sich Cyberpunk 2077 jetzt schon für den Entwickler CD-Project Red gelohnt.
Dabei war es fast klar, dass der Titel nicht halten kann was erwartet wurde und, mal wieder, alle Beteiligten das Maß aus den Augen verloren haben.

Nach den ersten Ankündigungen war schnell abzusehen, dass ein Großteil der Spielerschaft sich auf den Titel freut. Das lag, in meinen Augen, zum einen am Thema Cyberpunk, das gerade im AAA Bereich recht unterrepräsentiert ist, zum anderen aber auch an der Beliebtheit des Entwicklers
CD-Project Red, der mit The Witcher 3 einen großen, qualitativen Hit vorzuweisen hat, an dem sich wohl viele orientiert haben, wenn es um die zu erwartende Qualität geht. Die Spieler hatten also eine Idee, was man zu erwarten hat und die ersten Bewegtbilder unterstützten diese Erwartungen.
Hätte man es dabei belassen, wäre auch alles OK und die Situation jetzt vielleicht eine andere, aber es kam leider, wie es so oft kommt.

Akt 1, CD Project Red:
Wie schon gesagt ist CD Project Red als Hersteller recht beliebt unter den Spielern, woran speziell The Witcher 3 viel beigetragen hat, das sehr poliert und technisch ausgereift daherkommt. Leider wurde in dem ganzen Hype rum vergessen, dass der Hexer selbst unter ähnlichen Problemen litt, die jetzt Cyberpunk befallen. Verbuggt bis zum Rand wurde es in der Hinsicht gerne mit Skyrim verglichen. Grafische Bugs und technische Probleme waren da noch das kleinere Übel. Unlösbare Missionen oder Sequenzen, die nicht getriggert wurden, gingen dagegen schon Richtung Gamebreaking Bugs. Erst einige Jahre und mehrere Patches später war das Spiel stabil genug, dass man es bedenkenlos kaufen konnte. Stimmen die das anmerkten gab es einige, wurden aber von der Lauten Pfeife des Hypetrain regelrecht übertönt. Was uns zum nächsten Problem führt…

Akt 2, die Spieler, die Medien und der Hypetrain:
Ich glaube sagen zu können, dass Videospieler im Allgemeinen noch nie so kritisch waren wie heutzutage. Das mag zum einen daran liegen, dass die Auswahl ungleich größer ist als noch vor 10 oder 20 Jahren, aber auch daran, dass sich Fehler und Probleme mit Software dank Social Media im Gegensatz zu früher rasend schnell verbreiten. Trotzdem schaffen es immer wieder einzelne Titel sich dem zu entziehen und einen Hype auszulösen, der sämtliche Synapsen überlastet und keine Kritik mehr zulässt. So auch geschehen bei Cyberpunk 2077.
Es hat sich schnell ein Teufelskreis gebildet, aus dem es kaum ein entrinnen gibt.

Die Spieler waren begeistert vom gezeigten, wohl vor allem vom Setting extrem angetan, und wollten mehr sehen. Ich muss zugeben, ich gehöre dazu. Das bekamen natürlich die Medienvertreter mit und produzierten aus jeder kleinen Ankündigung, jedem neuen Bild und jeder neuen Information, so klein sie auch gewesen sein mag, unzählige Artikel und Berichte. Alles um die potenzielle Leserschaft zu bedienen. Der Hypetrain nahm Fahrt auf.
Von einem fertigen Produkt war man da aber noch weit entfernt, das wusste auch CD-Project Red und schürte immer wieder, unregelmäßig, das Feuer im Kessel damit der Zug auch ja nicht an Fahrt verlieren würde. Höhepunkt war wohl das Keanu Reeves himself eine größere Rolle im Spiel übernehmen sollte, inklusive digitalem Abbild von sich selbst. Das stachelte die Fans wieder an, was die Medien ebenfalls wieder aufhorchen ließ und CD-Project Red dazu verleitet hat, immer wieder Details zu veröffentlichen. Das beste Spiel aller Zeiten war geboren, mal wieder.

Akt 3, zu viel gewollt:
Das beste Spiel aller Zeiten abliefern zu müssen ist keine leichte Aufgabe, denke ich.
Die Aussagen von CD-Project Red, das beste und immersivste Open World RPG das es je gegeben hat erschaffen zu wollen, das alles Bisherige in den Schatten stellt. Für die PR Maschine waren solche Aussagen Gold, zumal man das mit kleinen, vor-gerenderten Videos unter Beweis stellen wollte und auch immer mehr und mehr versprochen hat. Sicher nicht geholfen hat das allerdings den Leittragenden der ganzen Situation die das Ganze realisieren müssen. Die Produzenten, die auch nach dem Release noch viel Arbeit in das Spiel stecken. Geführt hat das zu massiven Arbeitsstunden unter den Mitarbeiter und zum gefürchteten Crunch, den der Hersteller zuerst vehement abgelehnt hat. Allerdings, und davon bin ich überzeugt, ist das nicht alleine der Grund für die aktuelle Situation. PR-Gerede gibt es immer, genauso wie auch immer übertrieben wird. Außerdem ist es nicht so, dass ein inhaltlich schlechtes Spiel auf den Markt gekommen ist das niemanden überzeugt. Das Problem liegt woanders.

Cyberpunk 2077 kommt für die Programmierer zu denkbar ungünstigen Umständen auf den Markt. Noch nie hatten Produzenten die Aufgabe ein Titel auf 3 Plattformen veröffentlichen zu wollen, sondern auch auf 3 Generationen von Hardware, bzw. 2,5. Als PC-Spieler ist man es gewohnt bei jedem neuen Hypetitel neue Hardware nachrüsten zu müssen und speziell hier ist es auch wo Cyberpunk 2077 seine Muskeln ausspielen kann. Die kleineren Probleme, die per Patch und Update nachgebessert werden mal außen vor gelassen, liefert der Titel das technisch beste, was aktuell wohl möglich ist. Eine große, offene Welt die nicht nur horizontal, sondern vor allem auch vertikal erkundet werden kann, speziell in „Night City“ wie die Stadt und Hauptgegend in Cyberpunk 2077 heißt. Selbst in 2020 nicht selbstverständlich. Dazu gesellen sich ein grandioses Grafikdesign das durch moderne Techniken, allem voran Raytracing, ins rechte Licht gerückt werden und so die Welt um einen herum mit Details nur so überhäuft. Hätte man es, vorerst, bei der PC Fassung belassen und sich darauf konzentriert, wäre die Käuferschaft zwar kleiner, aber das aktuelle Medienecho sicher ein anderes gewesen. CD-Project Red wollte aber möglichst alle aktuellen Systeme abgreifen die vorhanden sind, allerdings unterschiedlich schlecht mit dem Spiel zurechtkommen.
Das bedeutet dass man wie schon erwähnt quasi 3 Generationen von Hardware bedienen muss, zum einen Playstation 4 und Xbox One/S, die zwar mittlerweile ihre besten Jahre hinter sich haben, aber wohl den Großteil der Hardwarebasis ausmachen. Playstation 4 Pro und Xbox OneX als Upgrades der Basiskonsolen mit etwas mehr Power und die NextGen Systeme Playstation 5 und Xbox Series X, mit neuer Hardware und mehr Leistung.
Da das Spiel schon einige Zeit in Entwicklung war und entsprechend auf der alten Hardware ins Leben fand, entschloss man sich wohl für eine Zwischenlösung. Aktuell sind keine echten NextGen Versionen verfügbar, sondern nur die der alten Konsolen. Das Ergebnis ist, dass es nirgends richtig läuft. PS4 und Xbox One sind überfordert mit Cyberpunk 2077, Pro und OneX laufen zumindest stabil sind aber weit davon entfernt als performant bezeichnet zu werden, während PS5 und Series X Besitzer ein Spiel ihr Eigen nennen, das ein deutliches Downgrade von der PC-Fassung ist und sich alles andere als NextGen anfühlt.
Die Leidtragenden dieser Misere sind jetzt die einzelnen Entwickler die trotz massiver Überstunden und viel zu vielen durchgemachten Nächten ein halbgares Produkt auf den Markt bringen mussten und auch die Spieler, die sich, verblendet oder nicht, jetzt mit eben diesem halbgaren Spiel auseinandersetzen müssen. Bleib nur zu hoffen dass Cyberpunk 2077 denselben Weg gehen wird wie The Witcher 3, das sich auch nach einem problematischen Start, dank vieler Patches und Updates letztendlich zu einem Fanliebling entwickeln konnte.

Act 4, die Zukunft:
Was lernen wir jetzt daraus? Wohl wie so oft nichts. Denn auch wenn dieser Hypetrain zum Erliegen gekommen ist, wird irgendwann wieder ein neuer in den Bahnhof eintreffen, den wir mit Freuden besteigen werden.
Ein paar Fragen hätte ich da aber noch.

CD Project Red.
Ist es das wirklich wert seine Mitarbeiter Wochen und Monate lang an ihre Grenzen zu bringen nur um dann doch ein halbgares Produkt auf den Markt zu bringen, das kaum jemanden Freude bereitet, nur um eine Deadline zu halten die eh von Anfang an überambitioniert war? Oder wäre es nicht besser gewesen eine neue Frist zu setzen und vielleicht die ein oder andere Version des Spiels zu canceln? Manchmal ist viel einfach zu viel.

Liebe Medien.
Hype hin oder her, aber muss man wirklich von jedem Schnipsel und jedem Wort das zu einem sehnlichst erwarteten Spiel veröffentlicht wird seitenlange Berichte und Beiträge erstellen, die letztendlich eh nur unbezahlte PR für den Hersteller sind? Oder sollte man vielleicht in der Zeit lieber das Augenmerk auf Softwaretitel legen die vielleicht nicht so viele Klicks und Seitenaufrufe bringen, dafür aber kurz vor dem Release und damit bereit zum testen sind? Genügend Material ist mehr als vorhanden.

Zu guter Letzt, Liebe Spieler.
Wie oft haben wir genau diese Situation schon durchgemacht? OK, vielleicht nicht so extrem, aber Beispiele gibt es mehr als genug. Grundstein solcher verkorksten Veröffentlichungen ist nicht selten der Hype den wir generieren und damit meine ich nicht dass wir uns auf einen Titel freuen, sondern dass wir die überteuerten Limited Editionen, den Season-Pass, das DLC Paket die Day One Edition mit extra Multiplayer Skin und die ganzen anderen Goodies kaufen, obwohl das Spiel an sich noch Monate weit entfernt ist und wir keine Ahnung haben in welchem Zustand wir es überhaupt serviert bekommen. Sollten wir, und da nehme ich mich nicht aus, das nächste Mal vielleicht das ganze umgehen, indem wir das mindeste tun was möglich ist und einfach einmal nicht vorbestellen?
Ich glaube, das würde den Entwicklern den Druck nehmen, den Medien den Brennstoff und nicht zuletzt uns am Ende den ganzen Ärger.

Ach und eines noch, jetzt wäre der Zeitpunkt uns alle etwas zurückzuhalten und erst einmal etwas Zeit vergehen zu lassen bevor wir als wütender Mob Social Media mit Hass und Wut überfluten.
Der Start von Cyberpunk 2077 war ein Desaster, speziell für Konsolen Spieler, aber davon geht die Welt nicht unter. Mit Zeit und Geduld wird uns sicher ein tolles Spiel erwarten. Aber jetzt die Sau durchs Dorf zu treiben und mit Mistgabel und Fackeln auszustatten hilft niemanden. Nicht den Produzenten, die weiterhin eifrig an den Problemen arbeiten, nicht den Medien, die so wieder nur einseitig Berichten werden und vor allem nicht uns selbst, die wir nur wieder Klischees bedienen, die wir längst abgelegt haben sollten.
In diesem Sinne, bleibt fair und freundlich, auch in Social Media.

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