Auf dem Gipfel der Riesen ist es eisig. Doch auf mein Pferd Sturmwind ist wie immer Verlass. Es murrt nie, kommt ohne Futter aus und wirft mich nur ab, wenn Gegner auf mich oder ihn einprügeln. Aus dem noch leicht einsetzenden Wind wird mehr und mehr ein Sturm. So stark, dass weder Pferd noch Reiter etwas sehen können. Also tasten wir uns langsam vor. Nicht auf Gegner zu treffen, ist wie so oft keine Option und in der Ferne kann ich Gnom artige Wesen erkennen. Ich steige vom Pferd ab, das wie immer per Geisterhand verschwindet, bis ich es erneut rufe und unter mir spawnt. Die Lage auf dem Pferd ist mir zu heikel. Lieber steige ich ab, gehe in die Hocke und analysiere die Lage. Diese Gnome haben Sensen in der Hand, breit auslaufend und am Ende mit langen und scharfen Zacken. Zwei von ihnen kann ich erkennen, nein halt es sind drei. Sie sehen allerdings nicht sehr bedrohlich aus. Selbst wenn es drei von ihnen sind. Als ich einen der Bande mit dem Bogen anlocken will, um nicht gleichzeitig gegen drei zu kämpfen, werden die anderen beiden auch aufmerksam und stürzen auf mich zu. Der erste Gnom verpasst mir Blutungsschaden, der zweite stößt eine Schockwelle aus seiner Waffe, während der dritte ebenfalls Blutung verursacht. Nein, diese drei Typen sind zwar hart, aber nicht mein Tod! Der Tod erscheint gerade hinter mir, denn es ist Nacht geworden und ein Dunkelritter erscheint. Dieser mischt sich ungefragt in den Kampf ein und löscht mir das Licht mit seiner Hellebarde aus.
So oder so ähnlich werden es an dieser, oder auch an anderer Stelle Millionen Elden Ring Spieler erlebt haben.
Dark Souls ist Geschichte. So zumindest hat es Hidetaka Miyazaki damals in einem Interview erklärt und aus dieser Serie eine Trilogie gemacht. Seit Dark Souls 3 sind jetzt sechs Jahre vergangen. Bis auf das geniale Bluepoint Remake von Demon’s Souls aus dem Jahr 2020, haben Soulsborne Spieler nicht Neues aus der Feder von Miyazaki zu spielen bekommen. Denn ein Remake bedeutet von Grund auf nichts Neues. Als auf der E3 2019 ein erster, kurzer Trailer zu Elden Ring angekündigt wurde, waren weltweit Souls Liebhaber aus dem Häuschen. Allerdings war er auch ziemlich nichtssagend. Ganze zwei Jahre später gab es dann endlich echtes Gameplay zu sehen. Ich war begeistert, euphorisch und in absoluter Vorfreude. Erst recht als der Release für 2022 angekündigt wurde und Ende Februar das Spiel auf den Markt kam.
Die Zeit der engmaschigen Wege mit leichten Abzweigungen sind hier Geschichte. Diese wurde übrigens von Miyazaki in Zusammenarbeit mit George R.R. Martin geschrieben. Der Martin, der für die Erfolgsgeschichte von Game of Thrones mitverantwortlich ist. Am Ende sagte Martin, dass das Lob Miyazaki zuzuschreiben wäre, denn er hätte nur wenig Anteil daran gehabt. Vielleicht war diese Zusammenarbeit mehr PR von From Software, oder eben auch nicht. Wie viel Anteil er nun daran hat, oder eben auch nicht, wissen wohl nur die Verantwortlichen selber. Mir war die Geschichte um den Elden Fürsten wieder so kryptisch, wie die Souls-Teile davor auch. Das Detail liegt im Spiel und seiner Welt, die kreiert wurde. Beim Kampfsystem werden sich Spieler, die Dark Souls 3 gespielt haben, sofort heimisch fühlen. Hinzu gekommen ist allerdings die Tatsache, dass man jetzt springen kann. Das macht bei einer Open World mit vielen Felsen und Abgründen nicht nur Sinn, sondern ist auch einfach notwendig gewesen. Allerdings ist die Tastenbelegung die Standardmäßig eingestellt ist, nicht optimal gelöst worden. Oft erwischt man sich dabei in einem hitzigen Gefecht oder Bosskampf in die Hocke zu gehen, was jetzt auch möglich ist, obwohl das nicht gewünscht wurde. Das führte bei mir zu dem ein oder anderen dummen Tod. Selbst wenn die Tasten manuell umbelegt werden, was auch möglich ist, können essenziell wichtige Moves nicht zufriedenstellend geändert werden. Das gilt hier aber auch nicht als Gamebreaker, da sich Elden Ring generell einfach sehr gut steuert. Wer mit den Vorgängern vertraut ist, wird hier sicherlich keine ernsthaften Probleme bekommen. Neueinsteiger könnten etwas überfordert werden, aber man muss sich in jedes Spiel reinarbeiten.
Die ersten Schritte fühlten sich für mich normal an, bis ich zum Punkt gekommen bin, die Tür zur Welt aufzustoßen. Es ist wie ein enger Vorhang, der sich lüftet, der dir sagt: Hier ist ein großer Spielplatz und du darfst dich auf ihm austoben. Am Anfang war ich völlig überfordert, weil ständig etwas Neues an jeder Ecke wartet. Selbst wenn man sich einen Plan zurechtlegt, weicht ihr oft genug von ihm ab. Ihr habt euch eine Markierung auf die Karte gesetzt und erblickt neben euch eine interessante Schlucht, der Wald rechts von euch reizt auch und der Drache, der mich eben kalt erwischt hat, wartet auch noch. Oh und gerade sehe ich eine etwas versteckte Tür im Felsen. Was sich dahinter wohl verbirgt?
Wo Bloodborne, Demon’s oder Dark Souls euch recht linear durch die Abschnitte lotsen, schenkt euch Elden Ring die völlige Freiheit. Auch was die Bosse angeht, die noch nie in solch großer Anzahl aufgetreten sind. Manchmal spawnen sie sogar völlig random in der Welt und überraschen den Spieler. Fairerweise muss man sagen, dass es natürlich nicht alles Hauptbosse sind, die für die Story relevant wären. Nicht selten setzt man euch auch Minibosse vor, die ihr schon einmal bekämpft habt. Das ist bei der Masse meckern auf hohem Niveau und die Story-Bosse sind nochmal ein ganz anderes Kaliber. Von versteckten Bossen in nicht offensichtlichen Arealen ganz zu schweigen. Überhaupt werdet ihr mehr als einmal einen Augenöffner erleben. Unsichtbare Wände oder Events in der Welt, die komplett neue Gebiete freilegen, werdet ihr in keinem anderen Spiel mit solch einer Open World finden. Mir fällt zumindest spontan keines ein. Miyazaki und Team merkt man einfach an, dass sie aus dem engen Souls Weltenkorsett neue Wege gehen wollten. Und das ist ihnen mehr als eindrucksvoll gelungen. Die Grafikengine basiert auf der von Dark Souls 3, wurde aber entsprechend aufgebohrt. Ganz fehlerfrei ist Elden Ring wie auch seine Vorgänger nicht. Da kann die Framerate gelegentlich einbrechen, oder auch das Gras etwas später aufploppen. Kann hier aber auch nur von der PS5 Version reden. From Software arbeitet aber unermüdlich, immer wieder an neuen Patches. Das muss es aber auch, denn das Online Matchmaking ist immer noch nicht auf der Höhe der Zeit. So hat es oft mehrere Minuten gedauert Hilfe zu geben, oder auch zu bekommen. Im Jahr 2022 muss sowas eigentlich nicht mehr sein. Falls ihr in der Welt Hilfe bekommt oder auch gebt, könnt ihr natürlich auch wieder von anderen Spielern invaded werden. Sprich, sie kommen in eure Welt, um euch zu töten. Das bringt in diesem Fall und auch durch das Töten von Gegnern Runen. Was vorher Seelen waren, hat nur einen neuen Namen bekommen. Auch die Bonfire (Leuchtfeuer) wurden durch Gnaden ersetzt. Oft genug habe ich aber die alten Begriffe benutzt. Sobald ihr eine der Gnaden entdeckt habt, könnt ihr euch per Schnellreise dorthin teleportieren lassen. Alles bequem per Karte, die ihr diesmal an die Hand bekommen habt. Das ist bei einem Spiel von dieser Größe auch notwendig.
Auch wenn die Marke Dark Souls nicht mehr neu bedient wird und es nun Elden Ring heißt, hätte es From Software auch Dark Souls 4 nennen können. Dieses Souls Gefühl ist einfach da und Fans der Serie wird der Name egal sein. Sie haben genau das bekommen, was es nach Dark Souls 3 gebraucht hat. Eine fantastische Welt, eindrucksvolle Bosse, an jeder Ecke Geheimnisse, entdecken neuer Abschnitte und Areale, eine Vielzahl an Gegnern, ohne Ende Waffen und neue Möglichkeiten. Das Pferd trägt ebenfalls dazu bei, die Welt von Elden Ring komfortabel zu erkunden. Der Hype im Vorfeld war groß, aber er hatte seine Berechtigung, denn Elden Ring ist eins der besten Spiele der letzten Jahre. Die Welt ist hier ein riesiger Spielplatz und du darfst ihn erkunden.
Bilder Copyright by Eurogamer, PC Games, Gamers Global.
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