Spiritfarer – Dieser Weg wird kein leichter sein | Game On

Ich habe zugegeben etwas länger gebraucht, um mit der Nintendo Switch warmzuwerden. Das Problem hatte ich damals aber auch schon mit dem Game Cube. Bei beiden Geräten war es Liebe auf den zweiten Blick. Umso öfter finden also nun Game Cards den Weg in die Konsole. Über die Jahre spiele ich allerdings am liebsten am heimischen Fernseher. Ein Pad in der Hand ist mir am liebsten.
Und als ich mich vor ein paar Monaten mit Listen der Spiele für die Switch befasst habe, habe ich festgestellt, dass so einiges dabei ist, was mir an Genre zusagt. Schon öfter viel im Netz dabei der Name Spiritfarer. Worum geht es bei diesem Indie Game des Entwicklers Thunder Lotus Games aus Montreal? Fährmann Charon quittiert seinen Dienst und hat euren Hauptcharakter Stella und deren Katze Daffodil ausgesucht, damit ihr seinen Job übernehmt. Seine Aufgabe bestand darin, verlorene Geister zu finden und ihnen ihren letzten Wunsch zu ermöglichen, bevor sie zur Immerpforte gebracht werden. Eine Pforte, die dazu dient ihre Seelen ins Jenseits zu geleiten. Vor seinem Abschied übergibt euch Charon noch das Everlight, das ewige Licht, was euch bei euer Reise unterstützen soll.
Charon ist fort und Stella legt sich ein altes, aber noch intaktes Schiff zu, um die Welt zu bereisen und die Geister zu finden und deren Wünsche zu erfüllen.
Womit man nicht unbedingt rechnet, ist der doch recht interessante Genremix. Wer mit einem reinen Jump ’n Run oder Rollenspiel rechnet, wird hier staunen. Im Prinzip bekommen wir es hier mit einer Aufbausimulation mit Jump ’n Run Einlagen und tiefer Story zu tun. Ich hatte mich im Vorfeld wirklich gefragt, ob das was für mich sein könnte. Aufbausimulationen à la Animal Crossing zählt jetzt nicht zur Art des Spiels, was ich gerne spielen möchte. Doch gerade aufgrund der Story wollte ich Spiritfarer spielen. Und es wurde zu einem der intensivsten Spielerlebnisse, die ich jemals hatte.

Auf dem Schiff ist jede Menge zu tun

Eure Seekarte ist zu Beginn noch übersichtlich, ebenso wie die Größe des Schiffs und die Möglichkeiten etwas darauf zu bauen. Was ihr benötigt sind Baupläne, Geister die euch Aufgaben geben und Ressourcen wie Erze, Kohle, Baumstämme und auch Nahrung. Deshalb bereist ihr im Rahmen der Möglichkeiten mit eurem Schiff unterschiedliche Inseln. Dort sprecht ihr mit den Bewohnern und könnt erkennen, wer von ihnen ein Geist ist am lodernden Schatten im Hintergrund. Auf welcher Insel sich Ressourcen und auch Geister befinden, wird euch auch mit dem Cursor angezeigt, wenn ihr den jeweiligen Standort anwählt. Es ist aber nicht immer ein leichtes, die Geister auch auf euer Schiff zu bekommen. Sie zu überreden bedarf auch oft den Besuch eines anderen Gebiets, um dort Events zu triggern und sie erneut zu besuchen und an Bord zu nehmen. Manchmal hatte ich das Gefühl ein Dark Souls zu spielen. Spiritfarer erklärt euch nicht viel und ihr müsst einiges selbst herausfinden. Geister werden auch wie alle anderen Bewohner der Insel nicht als Menschen dargestellt, sondern wie Wesen der japanischen Folklore. Die außergewöhnlichen Geister werden als Schlange, Habicht, Pilz oder Frosch verkörpert, was dem Spiel nochmal einen eigenen Touch verleiht. Einzig euer Hauptcharakter Stella ist auch als ein menschliches Wesen zu erkennen. Im lokalen Coop kann übrigens einer der Spieler Stella und der anderen Katze Daffodil übernehmen. Das Bauen von Gebäuden verlangt immer nach mehreren Rohstoffen. Manche sind auch nur nach dem Aufwerten des Schiffs in der Werft bei Hai Albert zu erreichen. Inklusive seiner schlechten (aber dennoch lustigen) Kalauer.

Es gibt zahlreiche Events und Minispiele die ihr machen könnt


In der Kajüte bestimmt ihr die Richtung eures Schiffs und könnt in der Nacht bis zum Morgengrauen schlafen. Denn Nachts fährt euer Schiff nicht mehr und bleibt stehen. Das war ein für mich doch recht anstrengender Punkt, denn der Wechsel vom Tag zur Nacht geht recht schnell vonstatten. Auch schlafen die Bewohner eures Schiffs natürlich und so kann keiner von ihnen mit euch kommunizieren. Per einfachem Knopfdruck hätte ich mir einen schnelleren Wechsel von Nacht zu Tag, aber auch andersherum gewünscht. Und so baut ihr für jeden Bewohner ein Heim auf eurem Schiff, versorgt ihn mit Nahrung (Achtung sie essen auch nicht alles) und schenkt ihm gelegentlich eine Umarmung. Mit der Zeit macht sich ein wohliges, aber auch traurig bedrückendes Gefühl in euch breit.
Jeder von ihnen hat eine Geschichte zu erzählen. Diese Geschichten könnten auch so aus dem wahren Leben stammen und es ist in der Tat so. Die Entwickler haben mit diesem Spiel versucht, ihre eigens erlebten Schicksale auszudrücken. Auch wenn die Grafik Comichaft und knuffig aussieht, steckt in der Geschichte doch viel aus unserem heutigen Leben. Durch einen Schlaganfall den Job zu verlieren, durch den Krebs immer mehr zu verfallen oder durch Demenz liebe Menschen und Geschichten nicht mehr richtig zu deuten.
Hinter dieser doch recht simplen Aufbausimulation mit leicht zu erlernenden Minispielen steckt viel Wahrheit in der Geschichte. Die Angst wie es weiter geht, wie man mit kranken Menschen umgeht, die man liebt oder loslassen zu müssen. Denn wenn ihr die Quests eines Bewohners alle abgeschlossen habt, dann müsst ihr ihn zur Immerpforte bringen. Der letzte Weg, den ihr zusammen beschreitet. Einige begleiten euch sehr lange auf euer Reise, andere sind wiederum relativ kurz dabei. Und die emotionale Bindung wird immer stärker aufgebaut. Das sorgt auf dem letzten Weg nicht immer nur für einen Kloß im Hals, sondern auch für die ein oder andere Träne, die über euer Gesicht kullern wird. Erst recht, wenn man selber eins dieser Schicksale bei einem geliebten Menschen erlebt hat. Das kann bei einem Spiel wie Spiritfarer aber auch Kraft und Zuversicht geben. Denn Entwickler Thunder Lotus erzählt diese Geschichte wie viele andere Spiele auf dem Markt nicht einfach plump, sondern mit viel Liebe und Fingerspitzengefühl.
Auch optisch bekommt ihr hier viel Liebe zum Detail. Alles ist stimmig animiert worden. Kämpfe bekommt ihr hier auch nicht. Es gibt keine Gegner die bezwungen werden müssen und dennoch artet das Spiel in Stress aus. Nicht gleich am Anfang, aber später seid ihr permanent beschäftigt zu Rohstoffen zu reisen, um wichtige Gebäude zu bauen, füttert eure Tiere auf dem Schiff, baut Getreide, Rüben oder Obst an, webt Stoffe, kocht verschiedene Gerichte, schmiedet Platten, stößelt Sonnenblumenöl zum Kochen oder stellt Silber- und Goldbarren her. Denn die Quests der Passagiere flattern manchmal im Minutentakt rein. Auch wenn es keinerlei Zeitdruck gibt, seid ihr überfordert welche Questline ihr fortführt. Oder eben auch fortführen könnt, denn einige Orte können erst später bereist werden und so muss Frosch Atul recht lange auf sein gebratenes Hühnchen verzichten. Rohstoffe und Materialien gibt es eben nur an bestimmten Punkten. Auch wenn es später ein Schnellreise-System gibt, legt ihr mit dem Schiff doch einiges an Metern zurück. Das ständige hin und her fahren, kann doch anstrengend werden. Gerade dann, wenn es Nacht wird und ihr wieder bis zum Morgen schlafen müsst. Dennoch habt ihr immer Lust etwas zu bauen, kochen oder aufzuwerten.
Auch, wenn ihr diese Dinge schon zigmal gemacht habt.

Jeder Charakter auf deinem Schiff hat sein eigenes Päckchen zu tragen


Das Spiel ist technisch auch nicht immer ganz sauber. Schlimme Bugs, die zu Release sogar zum nicht weiter spielen können auftraten, wurden gänzlich entfernt, aber hier und da glitcht es. Aber nichts, was euch am weiterspielen hindern würde. Auch gibt es etliche Nebenmissionen, mit denen ihr Zeit verbringen könnt. Einige, aber nicht alle habe ich davon auch erledigt. Unter dem Strich waren das für mich 55 Std.+. Ihr könnt also noch einiges mehr an Spielzeit mit Spiritfarer verbringen. Was ihr für gerade mal 25 € an „Value for Money“ bekommt, ist schon beachtlich. Ein ordentlicher Spielumfang, tolles Cover und ein Innenleben bestehend aus Game Card, Postkarten und den Soundtrack als Download Code. Da können sich einige Entwickler eine Scheibe von abschneiden.
Spiritfarer wird euch bezaubern, traurig stimmen und auf eine besondere Reise mitnehmen. Das muss man erlebt haben.
Auch erhältlich für Windows, macOS, Linux, PlayStation 4, Xbox One, Stadia.

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